Propolis. Das Kittharz soll Viren und Bakterien bekämpfen und – besonders wichtig in Zeiten der Pandemie – das Immunsystem stärken können. Doch welche der vermeintlichen Heilwirkungen konnte die Wissenschaft für Propolis bislang belegen? Und was sollte man bei Einkauf und Anwendung beachten?
Was ist Propolis?
Zum größten Teil besteht Propolis aus Pflanzenharz. Die Bienen sammeln den klebrigen Saft vor allem von Pappeln, Birken, Erlen und Kastanien. Um es geschmeidiger zu machen, fügen die Insekten dem Harz ihr Speichelsekret hinzu, im Bienenstock wird es außerdem mit Wachs versetzt. Diese Mischung ergibt für die fleißigen Insekten schließlich die ideale Kittsubstanz. Die Bienen flicken damit Risse, platzieren eine Propolis-Schleuse am Eingang des Stocks und überziehen ihre Waben mit einer dünnen Schicht davon. Sie mumifizieren sogar getötete Eindringlinge wie Mäuse und Frösche mit Propolis, die zu schwer sind, um sie aus dem Bienenstock hinauszubefördern.
Das Besondere am Kittharz: seine antimikrobiellen Eigenschaften
Dort, wo sich Zehntausende Bienen bei über 30 Grad Celsius und bis zu 65 Prozent Luftfeuchtigkeit dicht drängen, müsste der Bienenstock eigentlich zum Brutschrank für Keime mutieren. Doch Propolis trägt mit seinen speziellen Inhaltsstoffen dazu bei, schädliche Mikroorganismen zu eliminieren und eine relativ sterile Umgebung zu schaffen.
Seit wann nutzt der Mensch Propolis für sich?
Bereits in der Antike war Propolis für seine speziellen Eigenschaften bekannt: Die alten Ägypter nutzten es bei der Mumifizierung, um ihre Toten zu konservieren. Antike Ärzte lobten die Substanz für ihre Heilwirkung auf Hautekzeme und Atemwegserkrankungen. Aus der Antike stammt auch der Name des Kittharzes, denn er leitet sich von den griechischen Begriffen „pro“ (vor) und „polis“ (Staat) ab. So bezeichneten frühe Naturkundler die klebrige Substanz, weil sie die Bienen in der Regel vor dem Bienenstaat rund um das Einflugloch positionieren. Neben therapeutischen Anwendungsgebieten entdeckte der Mensch auch technische Vorteile des Bienenkitts: Propolis ist ein Bestandteil von Geigenlack, der z.B. das Holz der berühmten Stradivari-Instrumente pflegt und schützt.
Wie wirkt Propolis?
Um die Wirkungsweise von Propolis im Bienenstock und für potenzielle medizinische Anwendungsbereichen zu entschlüsseln, müssen Wissenschaftler zunächst die Inhaltsstoffe bestimmen. Im Allgemeinen besteht Propolis aus
- 40 bis 60 % Kittharz
- 20 bis 30 % Wachs
- 3 bis 12 % Fremdstoffen
- 1 bis 8 % Wasser
Als „Fremdstoffe“ kann Propolis zum Beispiel Honig und Pollen enthalten, die eher zufällig in ihm hängenbleiben. Essenziell für seine anti-mikrobiellen Eigenschaften sind jedoch die Polyphenole und aromatischen Säuren, die aus den Pflanzen in ihr Harz übergehen. Ihr Gehalt und ihre Zusammensetzung schwanken je nach Jahreszeit, geografischer Region und Pflanzenart. Die Spanne reicht hier zwischen
- 5 bis 50 % Polyphenole (z.B. Phenole, Flavone, Flavonole und Flavanone) sowie
- 1 bis 25 % aromatischen Säuren
Wissenschaftler vermuten, dass Propolis seine speziellen Wirkungen in erster Linie diesen Inhaltsstoffen zu verdanken hat. So besitzt es aufgrund seines Flavonoid-Gehalts antioxidatives Potenzial, wirkt antibakteriell durch Substanzen wie das Flavonol Galangin und das Flavanon Pinocembrin [1] und bekämpft Viren und Pilze durch die enthaltenen Kaffeesäure-Ester.
Wirkung im Reagenzglas
Im Labor können Forscher nachvollziehen, was passiert, wenn Mikroorganismen im Bienenstock auf Propolis treffen. Unter kontrollierten Bedingungen konnte das Kittharz das Wachstum vieler gram-positiver Bakterienstämme[2] und Hefepilze[3] hemmen und wirkte gegen das Influenza-Virus.
Gibt es klinische Studien zu Propolis?
Was Propolis im Bienenstock oder im Reagenzglas vermag, darf man nicht einfach auf den menschlichen Körper übertragen. Hierzu braucht es Studien, die eine Propolis-Anwendung mit einem Placebo vergleichen – am besten, ohne dass die Teilnehmer und die Ärzte wissen, wer welches Präparat bekommt. Für Propolis existieren zwar kontrollierte klinische Studienergebnisse, doch sind die Teilnehmerzahlen meist klein. Das erhöht das Risiko statistischer Fehler. Dennoch lohnt es sich, bisherige Forschungsergebnisse als Anhaltspunkte für Anwendungsmöglichkeiten zu studieren:
Hat Propolis antivirales Potenzial?
Was den Herpes-Virus anbelangt, sehen Forscher gute Perspektiven: In ihrer Studie testeten sie die bei 199 Herpes-Patienten eine Creme mit Propolis-Extrakt im Vergleich zum bekannten Wirkstoff Aciclovir (198 Testpersonen). Die Schmerzen verschwanden und die Herpesbläschen heilten in der Propolis-Gruppe durchschnittlich nach 3 Tagen, während es in der Aciclovir-Gruppe 4 Tage lang dauerte.[5]
Nützt Propolis bei Blasenentzündungen?
Eine kleine Studie aus dem Jahr 2019 konnte an 86 Teilnehmerinnen zeigen, dass Propolis in Kombination mit Cranberry-Extrakt die Anzahl der Harnwegsinfektionen im Vergleich zum Placebo deutlich reduzieren konnte. Getestet wurden betroffene Frauen, die in den vorangehenden 12 Monaten mindestens viermal eine Blasenentzündung durchgemacht hatten. [6]
Was wurde bislang noch getestet?
Ermutigende Resultate zeigten auch Studien für Propolis zur Behandlung von Paradontose[7] und Aphthen [8]. Darüber hinaus wird vermutet, dass es den Blutzucker von Diabetes-II-Patienten positiv beeinflussen könnte.[9]
Kann Propolis Nebenwirkungen haben?
Propolis ist – wie Pollen und Gelée Royal auch – ein Naturprodukt mit Allergiepotenzial. Laut Angaben des Bundesgesundheitsblatts reagieren etwa 4 Prozent der deutschen Bevölkerung allergisch auf das Kittharz, dabei sind Kontaktallergien besonders häufig. Wer sich also unsicher ist, ob er ein Kosmetikprodukt mit Propolis verträgt, sollte es auf einer kleinen Hautstelle in der Armbeuge ausprobieren und 24 Stunden lang abwarten.
Mögliche Belastungen
Propolis kann mit Pyrrolizidinalkaloiden (PA) belastet sein. Diese natürlichen Inhaltsstoffe mancher Pflanzen werden über die Pollen ins Harz eingetragen und können beim Menschen Leber- und Erbgutschäden verursachen. Insbesondere Produkte aus Australien, Neuseeland und Südamerika sind bislang durch hohe PA-Belastungen aufgefallen. Bei Propolis-Nahrungsergänzungsmitteln aus China kommen zudem Belastungen mit krebserregenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen vor.
Fazit: BIO-Qualitätsprodukte kaufen – für mehr Sicherheit und Wirksamkeit
Der Gehalt bioaktiver Phenole und Säuren in Propolis schwankt natürlicherweise – das kann auch seine charakteristische Wirkungsweise steigern oder mindern. Wer sich von den Erkenntnissen der Forschung inspirieren lassen und Propolis für mehr Wohlbefinden einsetzen will, sollte daher auf Qualitätsprodukte setzen. Seriöse Hersteller beziehen ihr Bienen-Kittharz ausschließlich aus kontrollierten BIO-Imkereien und lassen den Rohstoff regelmäßig auf mögliche Belastungen testen. Idealerweise wird Propolis angeboten, dass auf seinen Polyphenol-Gehalt standardisiert ist und die wertvollen Inhaltsstoffe in mg pro Gramm bzw. Milliliter des Produkts ausweist.
[1] Bosio K, Avanzini C, D’Avolio A, Ozino O, Savoia D. In vitro activity of propolis against Streptococcus pyogenes. Lett Appl Microbiol. 2000 Aug;31(2):174-7. PubMed PMID: 10972723
[2] Sforcin JM, Fernandes A Jr, Lopes CA, Bankova V, Funari SR. Seasonal effect on Brazilian propolis antibacterial activity. J Ethnopharmacol. 2000 Nov;73(1-2):243-9. PubMed PMID: 11025162
[3] Ota C, Unterkircher C, Fantinato V, Shimizu MT. Antifungal activity of propolis on different species of Candida. Mycoses. 2001 Nov;44(9-10):375-8. PubMed PMID: 11766101
[4] Shimizu T, Hino A, Tsutsumi A, Park YK, Watanabe W, Kurokawa M. Anti-influenza virus activity of propolis in vitro and its efficacy against influenza infection in mice. Antivir Chem Chemother. 2008;19(1):7-13. PubMed PMID: 18610553.
[5] Jautová J, Zelenková H, Drotarová K, Nejdková A, Grünwaldová B, Hladiková M. Lip creams with propolis special extract GH 2002 0.5% versus aciclovir 5.0% for herpes labialis (vesicular stage) : Randomized, controlled double-blind study. Wien Med Wochenschr. 2019 May;169(7-8):193-201. doi: 10.1007/s10354-018-0667-6. Epub 2018 Nov 7. PMID: 30406509
[6] Bruyère F, Azzouzi AR, Lavigne JP, Droupy S, Coloby P, Game X, Karsenty G, Issartel B, Ruffion A, Misrai V, Sotto A, Allaert FA. A Multicenter, Randomized, Placebo-Controlled Study Evaluating the Efficacy of a Combination of Propolis and Cranberry (Vaccinium macrocarpon) (DUAB®) in Preventing Low Urinary Tract Infection Recurrence in Women Complaining of Recurrent Cystitis. Urol Int. 2019;103(1):41-48. doi: 10.1159/000496695. Epub 2019 May 22. PMID: 31117097.
[7] Nakao R, Senpuku H, Ohnishi M, Takai H, Ogata Y. Effect of topical administration of propolis in chronic periodontitis. Odontology. 2020 Oct;108(4):704-714. doi: 10.1007/s10266-020-00500-4. Epub 2020 Feb 28. PMID: 32112365.
[8] Samet N, Laurent C, Susarla SM, Samet-Rubinsteen N. The effect of bee propolis on recurrent aphthous stomatitis: a pilot study. Clin Oral Investig. 2007 Jun;11(2):143-7. Epub 2007 Feb 7. PubMed PMID: 17285269
[9] Afsharpour F, Javadi M, Hashemipour S, Koushan Y, Haghighian HK. Propolis supplementation improves glycemic and antioxidant status in patients with type 2 diabetes: A randomized, double-blind, placebo-controlled study. Complement Ther Med. 2019 Apr;43:283-288. doi: 10.1016/j.ctim.2019.03.001. Epub 2019 Mar 2. PMID: 30935545.
Abschließend
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